Wir sitzen hier auf unserem Schiff, - jetzt schon 10 Tage auf Norderney. Festgemacht an einem Schwimmsteg, wo uns die Tide  stundenlang gegen 4m hohe Stahlspundwände und ab und zu auch über die Kaimauer schauen läst. Die Stimmung ist ähnlich wir das Wetter, trübe.

Was waren wir euphorisch, als wir uns in unserem Heimathafen in Holland, It Soal, verabschiedeten, und uns dann auf den "Weg" machten. Wir wollten "mal eben " unser  Schiff in die Ostsee überführen.

Und jetzt dieses, was für ein Theater.

Aber von Anfang an... 

Zunächst ging es die Staande Mastroute in Richtung Lauwersoog, unser Austieg aus dem Binnenland in die Nordsee.

Ein wenig beklemmend, aber dennoch voller Vorfreude verließen wir Workum. Unser Auto wurde von einem Freund nach Hause gebracht.

Das letzte mal die Schleuse zwischen Ijsselmeer und den Binnengewässern. 

Dann ging es für 5 Euro durch die 4 Brücken von Workum und der auf einem Drehpoller bewegliches Eisenbahnbrücke

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Weiter fuhren wir durch reizvolle, bäuerliche Landschaften und kleine Dörfer in den Ort Grou. Ein schöner lebendiger Ort, was uns veranlasste, hier eine Nacht länger zu bleiben.
 
Am 2. Juli  ging es weiter, durch unendlich viele Kurven in Wiesen und idyllischen Ansiedlungen auf kleinsten Kanälen durch die Stadt Leeuwarden nach Dokkum. Auch dieses ein sehenwerter Ort mit fantastischen Parkanlagen. Hier stellten wir fest, dass aufgrund unseres Tiefganges von 175 cm nicht jeder schöne Anlegeplatz zu erreichen ist. Insgesamt versuchten wir 5 mal ein Ufer zu erreichen und steckten jedesmal in dem gottseidank sehr weichen Untergrund fest.
 
 
Neben unzähligen Brücken auf unserem Weg, wo 4 spurige Autobahnen , mehrgleisige Eisenbahnbrücken und von Hand bewegte Bücken für uns aufgeklappt wurden,
war auch diese Brücke in Leeuwarden. Ein wahrhaft futuristische Anblick.
 
 
 
 
 
Am 3.7. legten wir morgens um 09.00 Uhr in Dokkum ab und fuhren zunächst im Konvoi durch den Rest des Ortes . Später verlor sich das und wir tuckerten allein mit 5-6 Knoten weiter in Richtung Lauwersmeer. Segeln konnten wir nur selten. Hin und wieder wurde die Fock rausgerollt, was aber nur eben bis zur nächsten Kurve des Kanals Sinn machte.
 
Angekommen im Lauwersmeer machten wir in dem westlich gelegenen Hafen Oostmahorn fest. Wir rochen schon die Nordsee, und haben großen Respekt vor dem, was uns dort erwartet.
 
Am nächsten Tag, dem 4.7, verlegten wir in den östlich gelegenen Yachthafen, von wo es bis zur Schleuse nur 500 Meter waren.
Bei dem dortigen Hafenmeister fragten wir noch nach günstigen Abfahrtzeiten. damit wir mit genügend Wassertiefe über die nordwestlich liegende Untiefe hinwegkamen.
 
Dieser  machte in Gegenwart anderer so falsche Angaben, dass wir beim Verlassen von einem anderen holländischen Segler, der in die gleiche Richtung wollte, angesprochen wurden. Wie er den Hafenmeister hier betitelte möchte ich nicht sagen, beiläufig erwähnte er aber, dass die Aussagen völlig falsch und gefährlich seien. Nach einer kurzen Unterhaltung und Erklärung von ihm waren alle Unklarheiten beseitigt.
 
Nachdem wir am nächsten Morgen um 07.00 geschleust wurden, legten wir kurz nach Hochwasser mit vielen anderen ab und begaben uns auf den Weg Richtung Norderney. 
Der Regen hörte dann irgendwann auf und mit ihm auch der Wind.  
Nach 9 Stunden unter Motor  erreichten wir die Westküste der Insel.
 
 
 
Guter Dinge sind wir den Tonnenstrich des "Schluchters"gefolgt und befanden uns in Rufweite zu dem dortigen Badestrand. Plötzlich gab es ein Schlag unter dem Boot, dann kreischte es im Motorraum beängstigend und wir hatten keinen Antrieb mehr. Der schwache Wind trieb uns immer weiter in Richtung Sandstrand.
Wir hatten keine Ahnung, was passiert war.
 
Zum Segeln war der Wind zu schwach um aufkreuzen zu können.
Mit rudernden Armen machte ich einen anderen Segler auf unsere Manövrierunfähigkeit aufmerksam.
Dieser nahm mit seiner Begleiterin sofort die Segel runter und kam mit Motorkraft zu uns. Dann schleppte er uns in den Hafen von Norderney.
Telefonisch setzten wir den Hafenmeister in Kenntnis, dass wir hineingeschleppt werden, und baten ihn um Zuweisung eines dementsprechenden Liegeplatzes.
Alles klappte wie am Schnürchen.
Unseren herzlichen Dank an Axel und Lena, die beiden Segler aus Workum, ohne deren Hilfe wir sehr viel mehr Aufwand hätten betreiben müssen, um unser Schiffchen bergen zu lassen.
 
Am nächsten Morgen suchten wir, die in Sichtweite befindliche Werkstatt "de Boer" auf.
Die erste Diagnose lautete, Getriebe i.A. Also ausbauen und nachsehen. Festgestellt wurde, dass die Längsverzahnung, die die Kraftübertragung zwischen Getriebe und Motor gewährleistet, beiderseits abgedreht war.
 
Das corpus delicti
 
Der erste Kostenvoranschlag belief sich auf über 4300 Euro. Mir wich bei dieser Aussage das Blut aus dem Gesicht. Die Ersatzteilbeschaffung incl. dem Getriebe zieht sich jetzt ca 3 Wochen hin.
Die Insel kennen wir nun, auf der Straße werden wir schon von Einheimischen wiedererkannt und begrüßt, - bei der Vielzahl von Touristen heißt das schon was.
So sitzen wir heute hier im Boot und warten auf den morgigen Tag. Morgen soll nun die richtige Mitnehmerscheibe kommen und, - wenn sie dann paßt, mit dem Getriebe montiert werden.
 
Unsere Geduld, und so ganz nebenbei, unsere Urlaubskasse ist arg strapaziert worden.
 
Jetzt noch einige Bilder von Norderney
 
 
 
Unser Liegeplatz über fast 3 Wochen in der letzten Ecke des Hafens.
 
Sonnenuntergang hinter dem Hafen
 
Der Sonnenuntergang
 
 
Kilometerlange Radwege durch die Dünen in östlicher Richtung mit Zielen,  wie der Flugplatz mit den Angeboten von Rundflügen, der Leuchtturm, die "Oase", die "weiße Düne", die verschiedenen Strandabschnitte und vieles mehr. 
Wir haben alles "erfahren" und das immer wieder...
 
 
Es ist Montag, der 24.7.2017. Das  Ersatzteil ist angekommen. Zur Erinnerung, eingeschleppt auf Norderney wurden wir am 5. 7. 2017.
Der Chef montierte das Getriebe und wir waren trotz der entstandenen Kosten glücklich, wieder planen zu können. Nach unendlichen Diskussionen zwischen Renate und mir, entschlossen wir uns , nicht am Mittwoch, sondern erst am Donnerstag abzulegen, zumal die Abfahrtzeit sich am Donnerstag um eine Stunde nach hinten verschoben hätte.
Abfahrtzeit auf Norderney wäre am Mittwoch um 05.00 , am Donnerstag um 06.00 bei halber Tide gewesen.
Der vorhergesagte Wind aus Nord mit 5 Bft wäre uns aber im Dovetief zu riskant gewesen.  Hier entstehen bei Wind gegen Welle unangenehme Grundseen, die uns erheblich in Schwierigkeiten hätten bringen können. Also geplant auf Donnerstag....
 
 
 
Mittwoch Nacht um 02.00 Uhr werde ich wach und studiere nochmalig die verschiedenen Wettervorhersagen im Windfinder, Windy und im dänischen Wetterbericht.  Übereinstimmend waren aus den 5 Bft aus Nord 4 Bft aus nordwest geworden.
Ich entschloss mich, doch am heutigen Tag zu fahren und  weckte um 03.30 Uhr Renate, die begeistert war.sad
Da wir für diesen Aufbruch nicht vorbereitet waren, gab es noch einiges zu tun.
Gegen 05.00 waren wir fertig und legten ab.  Mit uns noch eine vielzahl anderer Schiffe, deren Kurs meist aber Richtung Westen war.
 
Die Überfahrt war geprägt von gutem Wind und Sonne pur, -eigentlich ein toller Tag. Ja, wenn da nicht die uns völlig unbekannte Seekrankheit aufgekommen wäre. Die uns nicht bekannte Dünung der Nordsee machte uns völlig fertig. Wir versuchten nur, die Fahrt zu überstehen. Der Gang in die Kabine für den Toilettengang oder, um mal auf die Karte zu schauen, war nur mit größter Überwindung zu schaffen. Es war zum K..., 
Erst,  als wir den Bereich der beginnenden Elbe erreicht hatten, der Wind und auch die Dünung nachließen, erholten wir uns langsam. 
Die Elbmündung, die wir ja nur vom Erzählen kennen, war für uns wahnsinnig beeindruckend. Breit wie ein Meer, 20 Meter und mehr tief und das auflaufende Wasser bis zu 4 Knoten schnell, dazu die vielen großen Frachter, entweder auf Reede oder im Fahrwasser. Diese tollen Eindrücke begannen wir langsam zu genießen.
 
Gegen 16.00 Uhr legten wir in Cuxhafen an. Mit unseren Fietsen erkundeten wir noch am Abend einen Teil der Stadt, um ein wenig von der Bewegungslosigkeit des Tages an Bord abzustrampeln.
 
Am nächsten Tag sollte es nach Brunsbüttel und von dort in den Nord-Ostsee-Kanal gehen.  Die Tide kippte an diesem Tage gegen 12.00 Uhr, d.h., da die Elbe eine gewisse Zeit "nachschwappt", wäre unsere Abfahrtzeit  sinnvollerweise mit auflaufendem Wasser frühestens um 13.00 Uhr gewesen.
Irritiert von dem Geschnacke unserer Nachbarn und unserer Unerfahrenheit, fuhren wir um  12.00 Uhr nach Süden unter Motor raus auf die Elbe. Nach einer ganzen Weile  passierten wir bewußt eine Tonne und stellten fest, dass wir doch arg langsam waren. 
 
Oh, was habe ich mich beschimpft. Wie konnte ich nur so dumm sein.  Nach eineinhalb Stunden Fahrzeit half dann die Elbe mit 2 Knoten mit. Aber da waren wir fast am Ziel.
 
Beim Einfahren in die Schleuse hatten wir dann noch den falschen Funkkanal geschaltet und auch ein Licht falsch gedeutet. Andere Segler, die längsseits kamen, riefen noch rüber, "habt ihr keinen Funk an, der Schleusenmeister ist am Toben" Aber auch das haben wir überlebt.
 
 
Das Befahren des Nord-Ostsee-Kanal ist eben nur ein muss. Schön ist anders... 90 km Motorfahrt mit einem Segelschiff ist alles andere als lustig. Der Selbststeuerautomat ist nur bedingt einsetzbar und das Begegnen mit der Großschifffahrt erfordert schon große Aufmerksamkeit.
 
 
 
Das Verhältnis zu einer 11 Meter Segelyacht
 
 
Komm bloß nicht näher...
 
 
Beeindruckend...
 
Bei Stromkilometer 40 hatten wir " die Nase voll" und machten in dem Gieselau Kanal vor der dortigen Schleuse fest.  Diese liegt ca. 1 km von der Abzweigung zum Nord-Ostsee-Kanal entfernt nach einer ca 70 Grad Kurve in einem idylischem Waldstück.
 
 
 
Zufahrt zur Gieselau-Schleuse
 
 
 
Die Anlegemöglichkeit wird von einigen Seglern genutzt
 
Der so ruhig erscheinende, sichere Liegeplatz hat aber so seine Besonderheit.
Ursache ist der einen KM entfernte Nord-Ostsee-Kanal, bzw. die Verdrängung der Schiffe, die diese Abzweigung passieren. Wenn das der Fall ist, wird der Wasserstand je nach Verdrängung und Rumpfform des passierenden Schiffes durch eine nicht sichtbare Welle um bis zu einem halben Meter angehoben und wieder abgesenkt. Das rupft ganz ordentlich in den Festmachern.
Der Schleusenmeister wußte zu erzählen, dass die Tore in Abstimmung mit dem Verkehr auf dem Nord-Ostsee-Kanal geöffnet oder geschlossen werden, da es schon ganz schön "kleinholz"  gegeben habe.
Alle großen Schiffe, auch Sportschiffe über 20 Meter, haben einen AIS Transponder an Bord, der den genauen derzeitigen Standort, Geschwindigkeit und Fahrtrichtung übermittelt.
 
Am nächsten Morgen lagen noch weitere 50 KM Motorfahrt vor uns, die dann in dieser Scheuse in die Kieler Förde endet.
 
 
Wir wurden in dieser wirklich beeindruckend großen Schleuse mit zwei Segelschiffen geschleust. Ein Erlebnis, der besonderen Art.  
Man mußte seitlich das Schiff auf diese rechts im Bild zu sehenden "Stege" verlassen und das Schiff hier an Ringen festmachen. Ein Problem war nur, dass meine Frau, die heruntergesprungen war, meinen Respekt dafür, nicht mehr aufs Schiff zurückkam. So mußte ich ihr mit der "Räuberleiter" wieder auf Schiff verhelfen.
Im nächsten Geschäft in Laboe kauften wir sofort diese Tritthilfe und Fender.
 
 
 
 
 
Das Teil kann seitlich an der Mittelklampe befestigt werden, und dient dort als Trittleiter und Fender.
Das Teil hatte ich schon gesehen, aber die Notwendigkeit, wie bei der beschriebenen Aktion, war mir nicht bewußt.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
In Laboe wurden wir noch Zeuge von Übungen des DGzRs, die dort im Rahmen einer Öffentlichkeitsveranstaltung "Tag der offenen Tür".
Was die Leute leisten und zu leisten bereit sind, und das überwiegend freiwillig, - wir waren beeindruckt und werden zahlendes Mitglied werden !!
 
 
Abbergen eines Verletzten von einem schaukelnden Rettungskreuzer
Das ganze Spektakel um die Rettung Schiffbrüchiger wurde toll dargestellt.
 
 
Der Rest unseres Überführungstörns ist schnell erzählt.  
Am Montag, den 31. Juli, legten wir in Laboe ab und segelten bis in die Bucht von Großenbrode bei schönstem Wetter  über ca. 40 Seemeilen.
Hier übernachteten wir vor Anker.
Der Wetterbericht kündigte für den nächsten Nachmittag schwere Gewitter an, die aber ausblieben.
Trotzdem fuhren wir um 07.00 Uhr aus der Bucht heraus, frühstückten während der Fahrt unter Motor, da die Ostsee absolut platt war.
 
Das änderte sich aber nach 2-3 Stunden und wir konnten  durch die gesamte Lübecker Bucht bei wieder fantastischem Wetter unter Segel Travemünde erreichen.

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